Als Hauptverantwortlicher für die Sportseite habe ich während meiner Zeit bei RuhrStadt Netzwerk (2010/2011) praktisch jede Woche mindestens einen Artikel zu den aktuellen Bundesligageschehnissen geschrieben. Hier eine kleine Auswahl:

1. Quo vadis Schalke?

In dieser Rubrik soll es zukünftig eine wöchentliche Zusammenfassung des Bundesliga-Wochenendes geben, mit einem besonderem Fokus auf die RuhrStadt-Vereine. Da es an diesem Wochenende wegen der Länderspielpause keine Bundesliga gibt, wollen wir auch ein paar Worte zu einem brisantem Thema verlieren, das in den letzten Tagen und Wochen schon so manche Gemüter bewegte: Schalke 04, Magath und seinen „Transferaktionismus”, wie sich Herr Nerlinger ungefragt dazu äußern musste.

Eins lässt sich wohl nicht leugnen: innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums (etwa 3 Monate) hat sich die Stimmung auf Schalke spürbar verändert. Man macht sich Sorgen. Denn es war sehr beeindruckend, wie Herr Magath Schalke schon im letzten Jahr umgekrempelt hat, und trotz des Einbaus sehr junger Spieler, einen so großartigen Erfolg feiern konnte. Es schien als sei König Midas auf dem königsblauen Hof gelandet und alles was er anfasste zu Gold werden würde. Er kam als ein mehrfacher Meistertrainer, eine echte Persönlichkeit, eine Autoritätsperson, ein Mann, der zupackt und weiß wo es lang geht. Man solle ihn nur machen lassen. Und die erfolgreiche letzte Saison hat sein Meisterstück mit Wolfsburg fast noch getoppt. Eine zuvor unsichere Schalker Mannschaft, die den hohen Ansprüchen des Anhangs nur selten gerecht wurde, spielte auf einmal, erfrischt durch ein paar unverbrauchte, hochmotivierte junge Talente, einen zwar nur bedingt attraktiven, dafür aber einen sehr erfolgreichen Fußball.

Nun sind zwei Spiele in der neuen Saison gespielt. Natürlich ist es noch viel zu früh, um sich ein wirkliches Urteil bilden zu können, doch es lief bisher sicherlich nicht alles nach Plan bei S04. Zu dem Umbau der Abwehr haben sich schon etliche „Experten” sehr kritisch geäußert. Rafinha weg, Bordon weg, Westermann weg, nur noch Höwedes ist geblieben. Doch es wäre nicht das erste Mal, dass ein junger Spieler in seiner zweiten Saison mehr Probleme hat, als in seiner ersten. Geholt sind insgesamt 14 Spieler, davon etwa 7 für die Abwehr. Diese war in den letzten Jahren immer das Prunkstück des S04, die Verteidiger waren erfahren, motiviert, eingespielt, stark. Zurzeit scheint jedoch keiner der Neuen auch nur annähernd eine normale Form aufzuweisen. Bei einem Freundschaftsspiel gegen Leverkusen kassierte Schalke vor Kurzem 4 Tore, obwohl eher die Leverkusener eine B-Elf aufs Feld schickten, nicht Schalke.

Es war ja klar, dass Schalke vor Transferschluss noch mal zuschlagen würde. Felix Magath sprach die ganze Zeit davon, dass er sich neben dem Weltstar Raul noch einen kopfballstarken, wuchtigen Stürmer wünschte. Ungefähr so einen wie Kuranyi. Also baggerte er anderthalb Monate lang an Horau, einem Stürmer des Paris SG, doch die Franzosen verlangten bis zu 20 Mio.€. Das war Herr Magath dann doch zu viel. Vor ein paar Jahren hatten ihm seine hervorragenden Scouts mit Dzeko und Grafite absolute Volltreffer präsentiert. Vielleicht wäre Horau ähnlich stark eingeschlagen, vielleicht hat Herr Magath gedacht er würde ihn viel billiger bekommen, am Ende jedoch holte Schalke einen anderen: Klaas-Jan Huntelaar. Man darf gespannt sein. Der Welttorjäger 2006 und zweimalige Torschützenkönig der holländischen Eredivisie galt lange als eins der größten Stürmertalente. Bis er nach Madrid wechselte, und dann nach Mailand, und in beiden Vereinen nicht die in ihn gesteckten Erwartungen erfüllen konnte. Doch, dass er es kann, sollte nicht angezweifelt werden, und für Herr Magath könnte es eine maßgeschneiderte Aufgabe sein, ihn wieder zu einem Weltklassemann zu formen.

Doch es bleiben durchaus berechtigte Fragen: Musste der Stürmertausch wirklich sein? Kuranyi war mit ganzem Herzen Schalker, auch wenn die Fans das nicht immer so gesehen haben. Er war eine Kämpfernatur, er war vielleicht der kopfballstärkste Stürmer der Liga, und auch wenn er immer wieder jede Menge Chancen verballerte, war er doch der konstanteste Stürmer in den letzten 5-6 Jahren. Und ich glaube, mit der Unterstützung von Felix Magath wäre er noch effektiver geworden, noch besser. Er kam gerade in sein bestes Fußballeralter, mit einem neuen Vertrag im Rücken und dem Glauben, den er in Felix Magath hatte, hätte es vielleicht wirklich hervorragend funktionieren können. Wieso wollte also Herr Magath Kuranyi nicht? War er ihm nicht kaltschnäuzig genug vor dem Tor, oder technisch zu schwach? War das Gehalt das Problem? Huntelaar wird nicht so viel weniger verdienen, wenn überhaupt, und die Ablöse für ihn hätte wohl für drei Jahresgehälter ausgereicht. Die Kuranyi-Alternative wird den FC Schalke 04 noch ein wenig begleiten, vor allem wenn sich Huntelaar nicht zu der erhofften Verstärkung entwickelt.

Mit Jurado wurde ein weiterer Spieler verpflichtet, der ein wenig nach „Wundertüte” riecht. Doch wer sich mit der spanischen Liga auskennt, weiß, dass Jurado wirklich ein „Guter” ist. Er gilt als ein Allround-Talent für alle offensiven Positionen, doch ich bin mir sicher, dass Herr Magath ihn als eine echte „10″ etablieren will. Er braucht einfach einen starken Spielmacher, einen wie Misimovic, der die Stürmer mit genialen Pässen füttert und das Spiel lenkt. Dazu ist Jurado sicherlich in der Lage, er ist auch schneller und jünger als Misimovic, doch wird der Spanier wohl eine gewisse Zeit brauchen, um sich an die Bundesliga zu gewöhnen. Genauso wie der Rest der Mannschaft. Und Zeit hat Schalke nicht unbedingt, denn in einer Woche fängt für sie die Champions-League an, und dort wollten sie auch ein paar Duftmarken setzen.

Zum Schluss darf noch über das System spekuliert werden, mit dem Schalke zukünftig spielen will. Herr Magath hat in Wolfsburg auf ein klassisches 4:4:2 mit einer starken Defensive und schnellen Kontern gesetzt, und hatte vorne absolute Weltklasseleute, die ihn und Wolfsburg tatsächlich bis zur Meisterschaft geführt haben. Herr Magath soll angeblich (laut Huntelaar) dem holländischen Nationalstürmer versprochen haben, dass er vorhat, in einem 4:3:3-System zu spielen, mit Raul links, Huntelaar in der Mitte und Farfan rechts. Das sieht zumindest auf dem Papier wirklich gut aus; mit Jurado dahinter, Rakitic und Jones im defensiven Mittelfeld hätte Schalke zumindest theoretisch eine gute Balance zwischen Abwehr und Sturm, und alle Spieler auf ihren besten Positionen eingesetzt. Bis auf Raul. Herr Magath hat gesagt, dass er sein Spielsystem an eben diesem Spieler ausrichten will, er soll der Fixpunkt der neuen Schalker Offensive sein. Doch Raul links? Kann das wirklich funktionieren? Wenn man an die Flügelzange des FC Bayern denkt und sich vor Augen führt, was die größten Stärken dieser Spieler sind, wie etwa Schnelligkeit und Antritt, Ballmitnahme im vollen Tempo, effektive Dribblings etc., dann muss man zu dem Ergebnis kommen: davon hat Raul nichts. Er ist eigentlich auch ein Strafraumstürmer wie Huntelaar, technisch hervorragend und mit einem guten Torinstinkt ausgestattet. Also doch wieder 4:4:2? Was ist dann mit Farfan? Wird er zum Mittelfeldspieler umfunktioniert?

Fragen über Fragen, doch die Zeit wird uns die Antworten liefern. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt und freue mich unheimlich auf die neue Saison. Und darauf, mit Euch über die „schönste Nebensache der Welt” fachsimpeln zu dürfen. Da, wie wir alle wissen, Fußball ein sehr emotionales Thema sein kann, möchte ich Euch bitten, sich zu benehmen und freundlich miteinander umzugehen. Also, auf eine erfolgreiche Zukunft!

2. Bundesliga Kommentar Spieltag 2:

Verrückte Bundesliga. Natürlich sollte der Blick auf die Tabelle nach jetzt drei absolvierten Pflichtspielen nicht überbewertet werden, doch den Saisonstart hätte sich sicherlich die eine oder andere Mannschaft ein wenig anders vorgestellt. Stuttgart und Schalke ohne Punkte auf einem Abstiegsplatz, Wolfsburg trotz der Millioneninvestitionen ebenso noch ohne einen Zähler, Bayern und Bremen noch nicht warm, Leverkusen mit zuletzt zwei eher schlechten Spielen. Die hohe Leistungsdichte macht die Bundesliga wirklich einzigartig. Da verliert selbst der scheinbar übermächtige Rekordmeister in regelmäßigen Abständen gegen die sogenannten „Kleinen“, da macht Mainz aus einem 0:3 noch ein 4:3 beim Ex-Meister Wolfsburg, da gewinnt Gladbach mal eben in Leverkusen mit 6:3. Wie soll man da noch richtig tippen?

In der Tat scheint die halbe Bundesliga ein möglicher Meisterschaftskandidat zu sein. Zumindest wenn die Bayern es zulassen. Bremen, Hamburg, Schalke, Stuttgart (Rückrundendmeister letzte Saison), Dortmund, Hoffenheim, Wolfsburg und Leverkusen sind alles Mannschaften, denen es bei einem gutem Saisonverlauf durchaus zuzutrauen wäre. Erfahrungsgemäß kommen dann oft noch eine oder zwei Mannschaften mit denen im Vorfeld keiner gerechnet hat, hinzu. Könnte es vielleicht Mainz sein? Sie scheinen mit Thomas Tuchel einen fantastischen Trainer gefunden zu haben, sie geben nie auf, spielen mutig und geradlinig. Stuttgart kann wohl aus dieser Rechnung schon gestrichen werden, sie scheinen größere Probleme zu haben. Doch Hoffenheim, Hamburg und Wolfsburg spielen dieses Jahr nicht im Europapokal, dies könnte sich vor allem im weiteren Saisonverlauf als ein Vorteil erweisen.

Was Wolfsburg angeht: das Potenzial der Mannschaft ist sicherlich sehr hoch. Mit Dzeko haben sie den mit Abstand besten Stürmer der Liga, mit Diego einen außergewöhnlichen Spielmacher, Josue galt vor anderthalb Jahren noch als einer der besten „Sechser“ der Liga, mit Kjaer und Friedrich haben sie sich auch in der Abwehr gut verstärkt. Wieso läuft es also bisher nicht? Ist der Trainer schuld? Zweifellos konnte Steve McClaren der Mannschaft noch nicht die eigene Handschrift verpassen. Die wenigen Lichtblicke bisher hat Wolfsburg eigentlich nur Dzeko und seiner individuellen Klasse zu verdanken. Diego hat mit dem Nachtreten gegen Kehl nur wieder bewiesen, wie unberechenbar und hitzköpfig er sein kann, Josue ist weit von seiner Bestform entfernt, der junge Kjaer lernt noch und Friedrich ist verletzt. Gerade wegen der hohen Investitionen ist der Druck jetzt schon sehr groß, wenn sich nicht bald Erfolge einstellen, muss Steve McClaren um seinen Job bangen.

Bei Schalke wird man Felix Magath die nötige Zeit geben, bei Stuttgart scheint der Trainer noch die kleinste Schuld an dem misslungenen Start zu haben. Frankfurt feierte mit einem 4:0 Erfolg in Gladbach ein starkes Comeback, Hannover hätte gegen Leverkusen auch gewinnen können. Die Norddeutschen sind ebenso wie Kaiserslautern und Mainz besser aus den Startlöchern gekommen, als es ihnen viele zugetraut hätten. Und dann ist da noch Hoffenheim: drei Spiele, drei Siege. Können sie wieder so auftrumpfen wie vor zwei Jahren, als sie Herbstmeister wurden? Oder brechen sie wieder ein? Sie scheinen wieder mehr Spaß miteinander zu haben, sind eingespielter und erfahrener, es könnte eine wirklich erfolgreiche Saison für sie werden.

Für viele Mannschaften fangen jetzt die „englischen Wochen“ an, sowohl Schalke als auch Dortmund haben zwei schwere Auswärtsspiele vor der Brust. Die Blau-Weißen spielen in Lyon, die Schwarz-Gelben bei Karpaty Lviv, und am Sonntag gibt es dann das große Revierderby, über das wir nächste Woche ausführlich berichten wollen. Viel Spaß und bis dahin!

3. Bundesliga Kommentar Spieltag 4:

Die Tabelle steht Kopf: Mainz als Tabellenführer, Freiburg und Lautern mit einem gut organisierten Fußball ähnlich erfolgreich, und im unteren Mittelfeld viele Vereine, dieeigentlich um die höchsten Plätze mitspielen wollten. Dabei stand das Wochenende ganz im Zeichen der „kurzen Anreise“, Derby-Fieber herrscht zurzeit in den höchsten deutschen Spielklassen. In der zweiten Liga das große Hauptstadttreffen der Berliner Klubs, das erste seit mehr als einem halben Jahrhundert (1:1), Wolfsburg gewinnt gegen Hannover mit 2:0, die ersten Punkte könnten den Wölfen die nötige Sicherheit für den weiteren Saisonverlauf geben. Weiter im Norden fand das erste Treffen der beiden Hamburger Klubs in der Bundesliga am Millerntor statt, das ebenfalls 1:1 endete. (n-tv.de). Und natürlich die „Mutter aller deutschen Derbys“, der Klassiker schlechthin, das ewig junge Duell der beiden Erzrivalen Schalke und Dortmund. Doch dazu kommen wir später.

Zuerst wollen wir an dieser Stelle ein paar Worte zu der Mönchengladbacher Borussia verlieren. Der unglaubliche Sieg in Leverkusen vor drei Wochen scheint den Fohlen ein wenig die Sinne vernebelt zu haben. 0:7 in Stuttgart, gegen dem Tabellenletzten! Nach dem 0:4 gegen Frankfurt (die auch nicht gerade auf einer Erfolgswelle reiten) und insgesamt 15 Gegentoren in vier Spielen, müssen die Gladbacher nun Charakter beweisen und sich in den nächsten Spielen ganz anders präsentieren. Ansonsten wird es ein ungemütlicher Herbst für die Borussia und ihrem Trainer Michael Frontzek, denn sicherlich trägt er eine gewisse Mitschuld an der Misere. Sein Vertrag wurde jedoch erst vor kurzem verlängert, wenn es ihm nicht gelingt die Wende einzuleiten, könnte es für Gladbach eine ganz unangenehme Saison werden.

Das Derby

Vor dem Spiel war man sich nicht ganz sicher. Schalke schien zwar verunsichert zu sein, doch schien das Derby auch zu genau dem richtigen Zeitpunkt zu kommen: ein Sieg gegen den Erzrivalen und die Schalker Welt wäre wieder in Ordnung. Dortmund spielte zwar unter der Woche sehr erfolgreich in der Ukraine, doch hatten die Schwarz-Gelben zwei Tage weniger Zeit um sich zu regenerieren. Die Quoten standen etwa 2 zu 3 für Schalke.

Doch das Spiel entwickelte sich anders. Nach etwas mehr als 20 Minuten hatte Dortmund ein Torschussverhältnis von 10:1, die Schwaz-Gelben kämpften, als ob es kein morgen gäbe und erspielten sich Chancen im Minutentakt. Das 1:0 in der 19. Minute durch den „Billigimport“ aus Japan musste zwangsläufig fallen. Den Namen des Torschützen sollte man sich spätestens jetzt ganz tief einprägen: Shinji Kagawa. Der Junge kam für 350.000 € aus der zweiten japanischen Liga – hier hat die Dortmunder Scoutabteilung wirklich ein gutes Auge bewiesen. Anders als viele andere Asiaten bringt er neben der japanischen Höflichkeit auch eine gesunde Portion Selbstvertrauen mit. Und Können. Wenn er so weitermacht, könnte sein Marktwert am Ende der Saison zweistellige Millionenhöhen erreichen. Er war es auch der das 2:0 nach einer schönen Vorarbeit von „Kuba“ Blaszczykowski erzielte, und nach einer Ecke von Nuri Sahin köpfte Lewandowski das 3:0 ein. Schalke hatte zwar zwischendurch zwei, drei gute Chancen und machte noch das 1:3 in der 89. Minute, doch insgesamt war es mehr als nur ein Klassenunterschied. Es war für Schalke eine Demonstration dafür, dass man in einer intakten Mannschaft Identifikationsfiguren braucht, die Verantwortung übernehmen und gutem Beispiel vorangehen. Ich sage mal, mit Bordon, Rafinha, Jones und Kuraniy wäre das Spiel ein wenig anders ausgegangen. Weil es echte Kämpfertypen waren, die gerade gegen Dortmund auf keinen Fall verlieren wollten. Davon hat man gestern nichts gesehen. Dortmund kaufte Schalke absolut den Schneid ab und war den Gelsenkirchenern in allen Belangen überlegen. Im Endeffekt kann Schalke wirklich froh sein, dass das Spiel nicht 1:7 ausgegangen ist.

Zum Schluss wollen wir auch noch ein gutes Wort über die Arbeit von Jürgen Klopp loswerden. Der wohl (zurecht) beliebteste Trainer der Liga ist seit nun zweieinhalb Jahren für die sportlichen Geschicke der Schwarz-Gelben verantwortlich und die Entwicklung der Borussia unter seiner Führung ist stetig und gut. Michael Zorc nennt ihn „den besten Transfer“ den er je getätigt hat, und in der Tat scheint Jürgen Klopp genau der richtige Mann zu sein, um die junge Truppe zu motivieren und sie „jeden Tag ein wenig besser zu machen“. Ich persönlich hatte durchaus Zweifel, wie diese blutjunge Mannschaft die Doppel- und Dreifachbelastung in dieser Saison wegsteckt, aber bisher läuft es ja wirklich sehr gut. Jürgen Klopp schafft es einfach diese „Geilheit“, die ihn so auszeichnet, auch auf die Mannschaft zu übertragen. Doch wer meint, der Borussen-Trainer sei ein reiner Motivationskünstler, der irrt gewaltig. Dortmund spielt schon seit Jahren (neben Hoffenheim) das beste Pressing der Liga, die Mannschaft glaubt an sich, weil sie der Kompetenz des Trainers vertraut und sie verkörpert. Jürgen Klopp hat schon erwähnt, dass er langsam anfangen möchte Titel zu sammeln. Wer weiß, vielleicht könnte es schon in dieser Saison klappen. Mich würde es freuen.

4. Bundesliga Kommentar Spieltag 6:

Der sechste Spieltag wurde von der Frage dominiert: wird sich die gute Form der Mainzer gegen die Klasse der Bayern durchsetzen können? Werden die frechen Jecken auch die Wiesn stürmen? Der Rekordmeister aus München wollte den Höhenflug des Tabellenführers beenden und musste sich am Ende tatsächlich mit 1:2 geschlagen geben. Die Mainzer siegten verdient und bauten ihre beeindruckende Serie auf jetzt sechs Siege in Folge aus. 18 Punkte (damit nun schon 5 Punkte vor dem dritten Hannover) haben sie schon gesammelt. Wer das Spiel gesehen hat, erlebte ein Team hoch motivierter Mainzer gegen einen insgesamt viel zu harmlosen FC Bayern, der ohne seine Stars Franc Ribery und Arjen Robben einfach nicht genügend Druck aufbauen konnte, um sich so genügend Torchancen zu erarbeiten. Die, die sie hatten, wurden kläglich vergeben. Olic läuft weiterhin sehr viel, aber in erster Linie seiner Vorjahresform hinterher, der Joker Gomez spielt mit Schaum vor dem Mund und verkrampft viel zu sehr, und auch Klose war auf jeden Fall schon mal „kälter“ vor dem gegnerischem Tor. Da ein Thomas Müller nicht in jedem Spiel aus dem nichts auftauchen und das Tor machen kann, und auch ein Schweinsteiger sich von seiner Bestform in den letzten Spielen immer mehr entfernt, sah es dann so aus, dass die Bayern zwar zwischendurch einen irrwitzigen Ballbesitzanteil von über 80% hatten, ihn aber nicht in Tore ummünzen konnten. Die Mainzer versteckten sich ihrerseits nicht, störten früh, zwangen die Bayern viel hintenherum zu spielen und auch zu Fehlern. Sie spielten erfrischend mutig, glaubten an sich und das Konzept des Trainers, versuchten bewusst jugendlich-frech zu spielen und taten dies mit Erfolg.

Dieser Hurra-Fußball der Mainzer ähnelt dem der Dortmunder nicht nur auf den ersten Blick. Bei „Doppelpass“ am Sonntag wurde er als „Guerilla“-Spielstil charakterisiert. Dieser Vergleich ist vielleicht insoweit zutreffend, weil es um Mannschaften geht, die nicht zu den stärksten der Branche gehören, aber mit ihrem Mut und ihrer Leidenschaft jegliche Schwächen bisher mehr als nur kompensieren konnten. Dabei spielen die Schwarz-Gelben, trotz drei Punkten Rückstand, vielleicht sogar noch einen Tick spektakulärer. Sie scheinen die Gegner zu erdrücken, ballern aus Lagen und sind sehr dominant. Doch die eine oder andere Schwächephase in den Spielen deutete auch an, dass es nicht immer so weiter gehen wird. Dortmund hat nun zwei schwere Spiele vor der Brust, beides Heimspiele, am Donnerstag gegen Sevilla und am Sonntag gegen Bayern. Es wird wieder ein großer Kraftakt gegen die Spanier, und die Bayern verlieren auch nur ungern zwei Spiele in Folge. Darüber hinaus sind sie gegen die RuhrStadt-Vereine meist selbst recht motiviert. Damit ist es wohl so etwas wie eine „Woche der Wahrheit“ in der noch jungen Saison, eine kleine Standortbestimmung für die junge Truppe von Jürgen Klopp.

Trotz der beiden tollen jungen Mannschaften auf den Plätzen eins und zwei überrascht der drittplatzierte fast doch am meisten. Mit Hannover hätte ich persönlich als letztes da oben gerechnet und bin mir nach wie vor nicht so recht sicher, was ich davon halten soll. Liegt es an der mangelnden Konkurrenz? Alle anderen nehmen sich gegenseitig die Punkte weg: Hoffenheim spielte in Köln nur 1:1, Hamburg verlor das Nordderby in Bremen mit 2:3, Freiburg in Wolfsburg mit 1:2. Doch vier Siege in sechs Spielen, darunter der beeindruckende in Bremen, zeugen von einer, vor allem psychisch, stabileren Mannschaft. Wer sich noch an die chaotische Zeit in Hannover nach dem Selbsttod Robert Enkes erinnert, wird erleichtert aufatmen. Eine erfolgreiche und ruhige Saison ist den Niedersachsen absolut zu wünschen, ob sie sich allerdings langfristig, vor allem jetzt nach dem Ausfall des kompletten Sturms, oben festsetzen können, darf angezweifelt werden.

Leverkusen gewann mit einer starken Leistung mit 4:1 in Stuttgart, damit sieht es für die Süddeutschen sehr düster aus. Man ist geneigt zu sagen: „The same procedere like every year“. Es ist in der Tat eine erstaunliche Wiederholung der Geschichte, Jahr für Jahr. Trainer Gross schien in letzter Saison noch unschlagbar zu sein, so wie davor Babbel und Feh. Und nun verlieren die Stuttgarter ein Spiel nach den anderen, so wie davor unter Babbel und Feh. Muss auch hier also wieder der Trainer gehen, bevor die Mannschaft ein anderes Gesicht zeigen kann? Leverkusen konnte dagegen den fünften Platz erobern, Wolfsburg ist nun mit drei Siegen in Folge auf den sechsten Platz vorgerückt. Grafite trifft als ob er nie weg gewesen wäre, allerdings sieht man von Dzeko bisschen weniger. Hamburg und Lautern im freien Fall, Bayern im Mittelfeld. Und unten nach wie vor der FC Schalke 04.

Die Gelsenkirchener konnten nicht den erhofften Befreiungsschlag gegen Gladbach feiern und trennten sich 2:2 unentschieden. Mit einem hohen Sieg gegen die indisponierte Borussia hätten die Schalker einen oder zwei Schritte überspringen können auf ihrem Selbstfindungsweg, doch es sollte nicht sein. Trotz Überzahl und einer echten Drangphase gelang nicht mehr der Siegtreffer, doch zumindest hat Raul endlich sein erstes Tor gemacht. Es war ein typischer Raul-Treffer: aus dem Strafraumgetümmel heraus, durch die Beine des Manndeckers, gegen zwei weitere Verteidiger und die Laufrichtung des Torwarts, ins lange Eck. Dies ist seine Stärke, so muss er eingesetzt und angespielt werden, dann klappt das auch mit weiteren Treffern dieser lebenden Legende. Und seine Tore wird Schalke noch bitter nötig haben, sowohl in der Champions-League wie auch in der Liga. Auch für Schalke sind es so etwas wie die „Wochen der Wahrheit“. Wir dürfen uns also hier in der RuhrStadt alle auf spannende Spiele freuen und unseren Klubs die Daumen drücken, dass sie erfolgreich absolviert werden können.

5. Bundesliga Kommentar Spieltag 15:

Die Franken und die Bayern gehen gegen die beiden RuhrStadt-Klubs leer aus. Schalke besiegt Bayern mit 2:0, Dortmund gewinnt ebenso hoch in Nürnberg.

Die Dortmunder Spieler saßen wohl gerade im Flieger auf dem Weg nach Nürnberg, als sie erfuhren, dass ihnen die Herbstmeisterschaft nicht mehr genommen werden kann. Sicherlich werden sich die Jungs gefreut haben, auch wenn sie nach außen weiterhin so tun, als ob der erste Tabellenplatz ihnen absolut schnuppe wäre. Mainz, der Tabellenzweite, verlor sein Spiel in Frankfurt mit 2:1 und konnte den Rückstand auf Dortmund nicht verkleinern. Nach dem Sieg der Schwarz-Gelben beträgt der Vorsprung auf Mainz nun 10 Punkte. Das ist einfach unglaublich. 10 Punkte! Nach 15 Spieltagen! Total verrückt.

Was nicht unwichtiger ist: Schalke gelang am Samstag ein wichtiger Sieg; ein wenig glücklich vielleicht, aber nicht ganz unverdient. Schalke hat nun mal einen der besten Keeper der Welt in seinen Reihen, so gewinnt man solche Spiele. An diesem Tag hielt Neuer einfach alles. Gomez vergab mehrmals gute Chancen, Schweinsteiger traf die Latte, doch ins Tor trafen die Schalker. Jurado zum 1:0 in der 58. Minute, Höwedes zum 2:0 in der 67. Für Bayern ist es ein Dämpfer, für Schalke ist das ein echter Befreiungsschlag. Bayern zu schlagen kann wichtige Kräfte freisetzen, es wäre an der Zeit, dass Schalke noch mal eine kleine Serie hinlegt. Es sind noch zwei Spiele zu spielen, die müssen sie gewinnen. Mit dann 22 Punkten hätten sie für die Rückrunde noch (fast) alle Optionen.

Unvorstellbar, wenn Dortmund die beiden Spiele auch noch gewinnen würde. 46 Punkte wären wirklich eine Wucht. Es ist auf jeden Fall jetzt schon die beste Bilanz aller Zeiten, am Sonntag spielten sie mit der jüngsten Mannschaft der Borussen-Historie. Eine Niederlage bisher, ein Remis, 13 Siege, 40 Punkte, 37:9 Tore, diese Daten sind atemberaubend. Leider hat Leverkusen im Derby gegen Köln 3:2 gewonnen, so bleiben es 11 Punkte Vorsprung auf Bayer, 10 auf Mainz, 17 auf Bayern. Noch zwei mal zwei Spiele, 4 Siege für die RuhrStadt, wir drücken die Daumen.

6. BVB 2010/2011 – Das Geheimnis des Erfolgs

Borussia Dortmund ist die beste Hin- und Rückrundenmannschaft, das beste Heim- und das beste Auswärtsteam, hat die beste Offensive und die beste Defensive, und nun, 61 Punkte nach 25 Spieltagen – das ist eine wahrlich meisterhafte Leistung.

Bayern vorgeführt, Schalke vorgeführt, Leverkusen die Grenzen aufgezeigt, erst zwei Niederlagen in der Bundesliga, noch nie hatte eine Mannschaft nach 25 Spieltagen mehr Punkte gesammelt. Mit Abstand die meisten Latten- und Pfostentreffer bisher (18-mal, alleine Barrios hat schon 8-mal das Aluminium getroffen), über 20 Schüsse auf das gegnerische Tor allein in Halbzeit zwei gegen Köln – Dortmunds Power-Fußball haben die Gegner zurzeit nichts entgegenzusetzen. So etwas hat man in der Bundesliga noch nicht gesehen, nicht von den Bayern, nicht von Gladbach, nicht in den Neunzigern, nicht in den Siebzigern. Die jüngste Mannschaft aller Zeiten mischt die Bundesliga auf und setzt neue Maßstäbe. Und alle reiben sich die Augen, staunen und fragen sich, wie das nur möglich ist.

In der Tat versuchen seit Monaten Fans, Journalisten und sonstige Experten dem Geheimnis des Erfolgs auf die Spur zu kommen. Es scheinen tatsächlich vor allem die Mannschaften erfolgreich zu sein, die die gegnerischen Mannschaften früh unter Druck setzen und nach Ballgewinn blitzartig umschalten. Bei Hannover 96-Trainer Mirko Slomka dürfen die Angriffe nach Ballgewinn nicht länger als 10 Sekunden dauern, das wird im Training geübt. Junge Spieler passen einfach besser in dieses Schema, sie sind meist spritziger, schneller, laufen mehr und: sie sind oft auch einfach besser. Es ist nicht „chic“ oder „modern“ auf junge Spieler zu setzen, sondern einfach nur logisch. Jahrelang haben wir uns darüber aufgeregt, dass mittelmäßige Spieler aus dem Ausland verpflichtet werden und die Vereine der deutschen Jugend keine Chance geben. Dass es jetzt anders ist, hängt ganz sicher auch mit der höheren Qualität der Spieler zusammen. Die Jungs sind unglaublich professionell, sie leben nur für ihren Job, sie sind sich dessen bewusst, welche Chance sich ihnen darbietet und sind bereit alles für ihren Erfolg zu tun.

Diese Entwicklung ist insgesamt unheimlich positiv, wir sollten Gott, Sammer oder wem auch immer dafür unendlich dankbar sein. Es rücken Jahr für Jahr neue, noch größere Talente nach und ihre Ausbildung, ihre Einstellung zum Beruf und ihr Können waren noch nie auf einem höheren Niveau. Zweifelsohne verfügt die Bundesliga auch über die besten Trainer der Welt. Sie erkennen die Qualität der jungen Spieler und bauen sie in ihr System ein, aber das tut ein Heynckes und ein van Gaal genauso wie Klopp, Slomka oder Tuchel. Das Alter der Trainer hat damit wenig zu tun, nur das Können der Spieler. Genauso verhält es sich mit den „Billigimporten“ aus Japan. Shinji Kagawa hat es vorgemacht, Uchida und Okazaki haben auch das Zeug dazu sich in der Bundesliga durchzusetzen. Doch auch hier ist es kein „Trend“ oder „Mode“ sondern einfach nur logisch. Die Spieler sind jung, stark und billig. Sie bringen eine gute Mentalität mit, denken global und wollen sich in der großen Welt durchsetzen. Ganz sicher sind die europäischen Spieler nicht „out“, doch das Risiko für die Vereine einen unverbrauchten, talentierten Japaner zu verpflichten ist minimal, sie können mit diesen Transfers eigentlich nur gewinnen.

Und wenn man nach dem System fragt, dann ist es tatsächlich viel mehr als nur eine taktisch ausgereifte Methode den Gegner zu schlagen, es ist auch mehr als eine Ansammlung von Leitsätzen oder der richtige Verhaltenskodex. Es ist die perfekte Einstellung. Am besten lässt sich dieser Zustand, wen wundert es, an Dortmund verdeutlichen. Was Trainer Jürgen Klopp den Jungs eingeimpft hat, ist einmalig. Wenn man sich die Spielweise der Dortmunder anschaut, merkt man, die Jungs spielen einfach nur Fußball. Das klingt vielleicht nicht außergewöhnlich, doch genau das ist das Geheimnis dieses Erfolgs. Sie denken nicht unnötig nach, sie meckern nicht, regen sich nicht auf oder echauffieren sich, sie wollen einfach nur weitermachen. Sie laufen, kämpfen und grätschen, jeder für den anderen und alle füreinander. Und das tun sie auch noch außergewöhnlich fair. Dortmund hat nach Bayern die wenigsten Gelben Karten, erst eine (unberechtigte) Gelb-Rote Karte und keine einzige Rote. Man sieht nur sehr selten einen Dortmunder mit dem Schiri diskutieren, sie drehen sich um und spielen weiter Fußball. Diese absolute Konzentration aufs Wesentliche, diese „Gier“, wie es Klopp immer wieder betont, das ist die eigentliche Stärke der Dortmunder.

Für Borussia Dortmund bricht eine neue Zeit an. Die Verbindlichkeiten fürs Stadion betragen noch rund 56 Millionen Euro, doch angesichts der weit über 100 Millionen Euro vor etwa acht Jahren erscheint diese Summe fast schon klein. Laut Watzke ist Dortmund wirtschaftlich „so solide und stark wie in den letzten 50 Jahren nicht mehr“ (Kicker, 07.03.2011, S. 31). Alleine für die Champions-League Teilnahme winken weitere 25 Millionen Euro, die auch zur weiteren Verstärkung der Mannschaft genutzt werden könnten. Doch es wird eine andere Aufgabe für Zorc und Watzke sein, die junge, erfolgreiche Mannschaft zusammenzuhalten, sie weiter punktuell zu verstärken und die wirtschaftliche Basis auszubauen. Die Voraussetzungen zumindest scheinen in der Tat rosig zu sein.

7. Bundesliga Kommentar Spieltag 27:

27 Spieltage sind gespielt und die Tabelle sieht nach wie vor ungewöhnlich aus. Dortmund erster, Hannover dritter – was fast noch eine größere Sensation ist – Mainz fünfter, Nürnberg sechster, Freiburg nach vier Niederlagen in Folge immerhin noch auf den neunten Platz. Dafür kämpfen Vereine wie Schalke, Bremen, Frankfurt (nach der Hinrunde noch siebter), Stuttgart und Wolfsburg um ihr sportliches Überleben. Gladbach ist wohl kaum mehr zu retten, sofern nicht noch ein kleines Wunder geschieht. Leverkusen macht die Meisterschaft noch mal spannend, sie spielen zurzeit wirklich sehr stark. München wird die Bundesliga wohl souverän zu Ende spielen, ob es für einen Champions League-Platz reicht, hängt wohl nur von Hannover ab.

Doch was geht im Pott? 7 Punkte beträgt Dortmunds Vorsprung auf Leverkusen, 8 wenn man das bessere Torverhältnis dazuzählt, 7 Spieltage sind noch zu spielen. Wird es doch noch mal eng? Natürlich betonen die Borussen weiterhin ihre Gelassenheit, und oft genug haben sie schon in dieser Saison bewiesen, dass sie einem hohen Druck standhalten können. Doch das ist jetzt wirklich die Zielgerade, die Mannschaft ist nach wie vor blutjung und auch der Trainer in Fragen Meisterschaft eher unerfahren. Da kann Heynckes mehr vorweisen. Doch zwei Punkte sprechen tatsächlich für Dortmund. Erstens hat es gerade Jürgen Klopp schon mehrfach gezeigt, dass er seine Mannschaft immer wieder neu beleben und zu Höchstleistungen antreiben kann, und zweitens, muss Dortmund ja nicht Meister werden. Natürlich wäre es nach diesem Saisonverlauf enttäuschend, ja vielleicht sogar ein wenig peinlich, wenn es mit der Meisterschaft nicht klappen würde, aber auch der zweite Platz wäre ein Riesenerfolg. Mit der direkten Teilnahme an der Königsklasse wird für die junge Truppe ein Traum wahr werden, hart erarbeitet und eine Bestätigung einer großartigen Saison.

Und Schalke? Da fehlen einem so ein wenig die Worte, doch versuchen wir die Ereignisse mal ein wenig zusammenzufassen. Vor anderthalb Jahren zog es König Midas (alias Magath) auf den Königsblauen Hof. Schalke brauchte einen starken Mann an der sportlichen Spitze, Magath wollte sich selbst übertreffen und aus dem „untrainierbarem“ Klub einen Meister machen. Das erste Jahr war der Wahnsinn, fast erfüllte Magath seinen Auftrag – bis 2013 Meister zu werden – schon im ersten Jahr. Sein Renommee konnte nicht größer sein, ganz Schalke lag ihm zu Füssen. Doch im zweiten Jahr änderte sich alles. Magath sortierte gnadenlos aus, egal ob es vielleicht verdiente (aber zu alte oder unwillige) Spieler waren oder der Fanbeauftragte Rojek. Magath verlor sein Fingerspitzengefühl und die Nähe zu den Fans. Seine Transferpolitik war stets nur schwer nachzuvollziehen. Gerade die Fans auf Schalke wollen sich irgendwo auch mit den Spielern identifizieren, doch Magaths Konzept mit den vielen Spielerkäufen und -verkäufen ließ das gar nicht zu.

Im Nachhinein ist es natürlich immer sehr einfach zu urteilen, doch Magath hat viele Fehler gemacht, die er nicht hätte machen müssen. Die erfolgreiche Mannschaft der letzten Saison so tief greifend umzubauen, war wohl der schwerwiegendste. Huntelaar war sicherlich nicht besser als Kuranyi, eher viel schlechter. Ein Bordon wäre mit seinen 34 Jahren wohl ein besserer Abwehrchef als Metzelder gewesen, Uchida konnte Rafinha nicht ansatzweise ersetzen, von der übrigen Abwehr ganz zu schweigen. Im Mittelfeld scheint es bis auf Farfan und Kluge keinen Spieler mit Bundesliga-Niveau zu geben. Das war insgesamt niemals ein Schritt nach vorne in der Entwicklung, sondern eher zwei zurück. Schalke kann sich glücklich schätzen, dass sie Magath nicht die hohe Abfindung zahlen muss, so bleiben die zwölf Millionen für die Reparatur des Daches übrig.

Und Magath? Als ob nichts gewesen wäre, heuert er praktisch an dem Tag seiner Entlassung direkt bei seinem Ex-Klub Wolfsburg an. Eine erstaunliche Entwicklung, mit der wohl nur sehr wenige gerechnet haben. Bei den Wölfen kann Magath wieder sein wie er ist: Felix Allmächtig. Die paar Fans werden ihn nicht die Bohne interessieren müssen, da kann er wieder 40 Spieler in einer Saison holen und vielleicht schlägt der eine oder andere ja mal wieder kräftig ein. Der Rest wird einfach wieder verkauft, Geld ist genügend da. Manager Hoeneß musste auch direkt seinen Platz räumen, seine Leistung war so schlecht, dass es schlechter eigentlich nicht mehr geht. Mir ist unbegreiflich wie solche Menschen in solche Positionen kommen.

Doch Magath ist nur einer von vielen wechselwilligen Trainern in einer ereignisreichen Woche gewesen. Neueste Meldung: Heynckes hört am Saisonende bei Bayer Leverkusen auf, sein Nachfolger wird Robin Hood, äh nein – DUTT, Robin Dutt, der jetzige Freiburg-Trainer. Dieser wird von Marcus Sorg ersetzt, dem jetzigen Amateur-Trainer des SC. Da Heynckes bei Bayer aufhört, könnte er den am Saisonende ausscheidenden van Gaal beerben, eine sehr realistische Lösung des Bayern-Trainer-Problems. Veh wurde schon vor einer Woche in Hamburg entlassen, sein Nachfolger Oenning verprügelte die Kölner mit 6:2, obwohl Schäfer, der Neu-Trainer in Köln, einen bisher sehr guten Job gemacht hatte. Auch Gladbach verliert unter Neu-Trainer Favre das Abstiegsduell gegen Lautern mit 0:1, ähnlich wie Neu-Trainer Pezzaiuoli mit seinen Hoffenheimern gegen Hannover, nur mit 0:2. Das erste Spiel der Wölfe unter Neu-Trainer Magath endete 1:1 gegen die Mannschaft, die den meisten Trainern in dieser Saison eine Chance gab – Stuttgart. Eine der ersten Sachen, die Magath bei dem ersten Training auffiel, war der „schlechte Zustand der Mannschaft“. Das verheißt nichts Gutes für die Spieler, der „Quälix-Hügel“, an dem sich die Spieler samt Medizinbällen austoben dürfen, ist noch da. An ihm werden die meisten Wolfsburg Spieler demnächst wohl einen Stammplatz haben.

8. Pro & Contra hohe Eintrittspreise im Stadion

Pro hohe Eintrittspreise

Die Rechnung ist relativ einfach, denn ein Wirtschaftsunternehmen hat eigentlich nur ein Ziel: Gewinnmaximierung. Die Bundesligavereine (und nicht nur die) müssen als ebensolche angesehen werden. Wenn ein Verein die Wahl hat 3 Mio. oder 4,5 Mio. einzunehmen, weil das Stadion auch bei erhöhten Ticketpreisen ausverkauft bleibt, sollte er dann wirklich auf den zusätzlichen Gewinn verzichten? Müsste diese Art von „wirtschaftlicher Inkompetenz“ nicht sehr kritisch beäugt werden? Ein Fan freut sich doch auch, wenn es seinem Verein finanziell gut geht. Er selbst ist dagegen nur einer von vielen, sein einzelner Beitrag bleibt eher marginal.

Doch es gibt natürlich auch eine soziale, oder moralische Komponente in dieser Diskussion. So sollte zumindest eine Stehplatzkarte „bezahlbar“ bleiben, vor allem für jüngere Menschen. Doch was heißt „bezahlbar“? Die Bundesliga an sich ist ein tolles Produkt, für manche sogar das Beste weltweit. Zumindest ist sie mit Abstand die „zuschauerstärkste Spielklasse des Kontinents“ (wiki), sie bietet viel Sicherheit und soziales Engagement, hat eine hochmoderne Infrastruktur, fantastische Stadien, und nicht zuletzt, bietet sie Fußball auf höchstem Niveau. Und dabei gibt es hier mit die günstigsten Eintrittspreise! In England, dem Fußballmutterland, mit „der besten Liga“ der Welt, sind die Preise um ein vielfaches höher. Und doch gilt die Bundesliga gerade für die Briten als „das gelobte Land für Fußballfans“ (http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,483410,00.html).

Nein, wir dürfen uns zweifellos nicht beschweren (wie so oft). Im Durchschnitt liegt eine Stehplatzkarte in der Liga unter 10 €, das ist „bezahlbar“. Ein Kinobesuch kostet nicht viel weniger. Und ein Derby ist nun mal etwas ganz Besonderes, das weiß jeder Fan. Dementsprechend ist es wohl legitim dafür auch einen etwas höheren Preis zu verlangen. Bei der „Mutter aller deutschen Derbys“ dürfen es vielleicht auch bis zu 50% sein. Im Endeffekt entscheidet der Kunde, ob er es bezahlen möchte oder nicht, wie bei jedem anderem Wirtschaftsunternehmen auch.

Contra hohe Eintrittspreise

Professionalität und Gewinnmaximierung ist nur eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite stehen Werte wie Solidarität, Treue, Ehrlichkeit, Verbundenheit, Tradition. Es geht um die Nähe der Fans zu ihrem Verein, und um eine gefährliche Entwicklung, der entgegen gesteuert werden muss. Bei Schalke wurden in dieser Saison die Ticketpreise für „Neukunden“ um bis zu 70% erhöht! (vgl.http://auswaertssieg.schalkewelt.info/2010/05/14/bundesliga-preisvergleich-20102011/). Dabei haben die Fans schon Anleihen in sechsstelliger Millionenhöhe gekauft, S04 hofft auf insgesamt 10 Mio. Wie weit soll es denn noch gehen? Die Tatsache, dass das Stadion auf Schalke oder in Dortmund auch bei bis zu 50%-gen Zuschlägen ausverkauft bleibt, darf nicht dazu missbraucht werden, die Preise beliebig zu erhöhen. Es ist im Endeffekt wirklich sehr einfach: wenn sich die Fans nicht anfangen zu wehren, glauben die Vereine die Ticketpreise beliebig erhöhen zu können. Und es auch tun.

Wenn Herr Höneß damit argumentiert, dass die billigen Stehplätze von den teuren VIP und Sitzplätzen finanziert werden, dann muss man sich mal überlegen wie die Stimmung dort wäre, wenn es die billigen Stehplätze nicht gäbe. Es ist ja vielleicht sogar so, dass die Bayern tatsächlich ein ganzes Stadion mit VIP-Plätzen füllen und etliche Millionen mit nur einem Heimspiel einnehmen könnten, doch die VIP-“Fans“ hört man ja noch nicht mal hinter ihren getönten Glasscheiben. Und auch die Fans auf den Sitzplätzen sind nicht gerade die tollsten Stimmungsmacher. Oft sind es ältere Menschen, Väter mit kleinen Kindern etc. Sollen sie für die Stimmung sorgen, die sonst aus den leidenschaftlich brüllenden Kehlen tausender fanatischer, meist junger Menschen kommt?

Nein, das will sicherlich niemand. Fußball ist ein Volkssport und für viele eine Art Ersatzreligion.

Und gerade die besondere Geschichte der Revierklubs verpflichtet sie zu einem ganz behutsamen Umgang mit ihren Fans. Sollen diejenigen, die seit Jahrzehnten auch und gerade in schweren Zeiten so treu zu ihrem Klub standen, jetzt damit belohnt werden, dass man sie praktisch aus dem Stadion vertreibt? Weil man ja jetzt wieder Erfolg hat, und eine Kundschaft die sogar die höheren Preise mitträgt? Ein Fußballverein ist in allererster Linie ihren Fans verpflichtet, und zwar auch den ärmsten. Natürlich sollte er sich wirtschaftlich klug verhalten. Aber nicht ihren treuesten Anhängern den letzten Penny aus der Tasche klauen.

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