Bei der Familienmarkenstrategie (synonym: Produktgruppenmarke, Range-Marke) werden mehrere verwandte Produkte unter einer Marke geführt, die im klassischen Sinne auch aus derselben Produktgruppe bzw. -linie stammen (vgl. Meffert et al. 2002, S. 142; Esch 2003, S. 254). Da jedoch mittlerweile viele Familienmarken die Grenzen eng definierter Produktgruppen oder -linien sprengen, unterscheidet man zunehmend in der Literatur zwischen einer
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„line brand startegy“, die der klassischen Familienmarke entspricht, und einer
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„range brand strategy“. Diese Strategie geht über enge Produktlinien hinaus, unterscheidet sich jedoch von einer Dachmarkenstrategie dadurch, dass in dem Unternehmen zusätzlich auch noch andere Marken geführt werden (vgl. Kapferer 1998, nach Esch 2003, S. 254).
Ein gutes Beispiel für die eher klassische Perspektive bietet Tesa, da sich das Unternehmen auf den engeren Klebstreifen-Bereich fokussiert, während Nivea für die moderne Sichtweise steht, da dieses Unternehmen verschiedene Produktgruppen umfasst, von Creme über Haarshampoo bis hin zu dekorativer Kosmetik (vgl. Esch 2003, S. 254). Da Nivea eine Qualitätsführerschaft anstrebt und die Produkte bei breiter Distribution unter Gewährleistung eines guten Preis-Leistungs-Verhältnisses verkauft, bietet es ein zusätzliches Beispiel für die Verfolgung einer Outpace-Strategie (vgl. Meffert et al. 2002, S. 143, s. Wettbewerbsstrategien nach Porter).
Als Voraussetzung dieser Markenstrategie gilt, dass für alle Produkte einer Markenfamilie ähnliche Marketing-Mix-Strategien und ein gleichwertiges Qualitätsniveau vorliegen (vgl. ebd.). Ein wichtiger Vorteil gegenüber der Einzelmarkenstrategie ist die Aufteilung der Marketingausgaben auf mehrere Produkte. All diese Produkte tragen den Markenaufwand zusammen und profitieren selbst von dem Image der Marke (vgl. Esch 2003, S. 258). Durch den kontinuierlichen und breiten Kontakt der Konsumenten mit den einzelnen Produkten der Markenfamilie kann ein starkes Vertrauen und darauf basierend, eine starke Markenbindung aufgebaut werden (vgl. Meffert et al. 2002, S. 143). Dieses Vertrauen verschafft den Unternehmen nicht nur einen preispolitischen Spielraum, sondern ist gerade bei Produkt-Neueinführungen sehr hilfreich, da durch die Nutzung der Synergie-Effekte der bereits fest etablierten Familienmarken die Kosten der Markenbildung reduziert werden können (vgl. ebd.; Esch 2003, S. 258).
Der Goodwill, der mit starken Marken einhergeht, kann sich aber auch zu einem „Badwill“ wenden, wenn das Vertrauen der Kunden, z.B. aufgrund minderer Qualität, verloren geht. Wichtig ist auch, dass die angebotenen Produkte von ihrer strategischen Ausrichtung zueinander passen. Es macht wohl wenig Sinn Katzenfutter, Toilettenpapier und Kekse unter denselben Markennamen zu führen, da die Produkte einfach zu unterschiedlich sind. Zusätzlich sollten negative Ausstrahlungseffekte durch ein einheitliches Image der Einzelprodukte vermieden werden (gleiche Qualität, gleicher Nutzenversprechen, ähnliche Aufmachung etc.) (vgl. Meffert et al. 2002, S. 143).
Auch die Nutzung der Synergie-Effekte bei Produkt-Neueinführungen muss mit Vorsicht behandelt werden. Wenn zu viele Produkte um das Kernprodukt platziert werden verschwimmt die einst klare Positionierung der Marke und es kommt zu einer Markenüberdehnung bzw. -verwässerung. Das kann der Markensympathie, dem Markenvertrauen und der Markenloyalität einen ernsten Schaden zufügen (vgl. Esch 2003, S. 255f.; Becker 2004, S. 650).
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